Choreografische Miniaturen des Ballett Coburg
Der Deutsche legt manchmal mehr Seele in das Drehen eines Maschinenteils denn in den eigenen körperlichen Ausdruck. So sind wir nun mal und werden dafür tatsächlich von anderen Kulturen bewundert. Wir mögen sie schließlich auch, die Kulturen, die ihre Seele gern tanzen lassen – und das am liebsten gleich zusammen mit dem ganzen Körper.
Einmal, 1860, war auch für uns Deutschen der körperliche Ausdruck wichtiger als jedes Verinnerlichen. Das erste deutsche Turnfest in Coburg demonstrierte nationale Geschlossenheit in einer nicht militaristischen Angelegenheit. Turnvater Jahn und Gleichgesinnte gründeten in der Reithalle oberhalb der Ehrenburg den Deutschen Turnerbund. Einhundert Jahre später wurde auf dem Schlossplatz daran erinnert. Und diesmal tanzte die deutsche Seele in Richtung deutsch-deutscher Wiedervereinigung, die nur 29 Jahre später eintreten sollte.
Dass sich junge Choreografen aus dem Ballett Coburg unter dem Motto „Soul’d Out“ in der Reithalle vorstellen, hat just an dieser Stelle also mehrfache Bedeutung. Die Seele (soul) darf tanzen, mit dem ganzen Körper oder mit einer Idee, die zusammen mit Musik zum dreidimensionalen Körper-Kunstwerk wird.
Die Seele nach außen kehren. Dass sich der bewegende Mensch in eine neue Zeit bewegt, hatte Turnvater Jahn einst vorgeschwebt. Und auch heute sind Sport und der Tanz Ausdrucksmittel einer Generation, die nach Orientierung sucht, sich ihrer eigenen Kräfte bewusst wird und in eine bessere Zukunft aufbricht.
Text: Landestheater Coburg